Vor einer
ganzen Weile ging es im Friedenskirchen-Blog schon einmal um die Bibel (in
einem Beitrag von Holger Höppner am 15. April). Ich möchte mal ein bisschen
etwas von meiner Ausgabe der Heiligen Schrift erzählen.
Im Haushalt
meiner Eltern gab es viele Bücher, allerdings keine Bibel, zumindest habe ich
sie nicht gefunden.
Die habe ich
mir selbst gekauft, ich war wohl 15 Jahre alt. Das Ganze hatte etwas
Heimliches, es hat sich auch irgendwie verboten angefühlt. Ja, ich wusste, dass
ich das Grundrecht auf freie Religionsausübung habe. In meinem Fall hieß das:
Das Recht, überhaupt eine Religion auszuüben. Begonnen hat das mit mehr oder
weniger heimlichen Besuchen in der Jungen Gemeinde, die unser Dorfpfarrer
geleitet hat und mit Jugendgottesdiensten in der Zittauer Weberkirche.
Irgendwann war klar: ohne nachlesen zu können, worum es da geht, kann ich nicht
mitreden. Ich habe mich beim Kauf in einer Zittauer Buchhandlung für einen
Klassiker entschieden. Luther, ganz einfach. Dieses Buch symbolisierte auch in
gewisser Weise meine Art pubertärer Auflehnung. Klingt nicht so spannend wie
Zigaretten, Partys und Alkohol - hat aber meine Eltern damals aber mindestens
genauso verstört.
Seither sind
ein paar Jahre vergangen und in meinem Leben ist eine Menge passiert. Die Bibel
ist mit mir viel rumgekommen und einiges hat Spuren in ihr hinterlassen. Die
Karte eines Gemäldes in der Aula meiner Schule zum Beispiel: Paulus in Rom. Außerdem
Kärtchen, Markierungen, Erinnerungen. Mitgenommen zu Rüstzeiten mit Andachten,
aber auch ganz privat. Es ist meine Reisebibel, kein Buch, das in der Vitrine
steht. Sie ist abgenutzt und, nach der letzten großen Neuübersetzung auch nicht
mehr ganz aktuell. Aber das soll auch so sein (für ganz Aktuelles gibt es ja
das E-Book). Es ist für mich ein Buch, was benutzt werden will, wofür ich mir,
auch weil „Corona“ meinen Tagesablauf ergänzt hat, Zeit nehmen kann und möchte.
Am
liebsten lese ich die ganzen Kapitel oder Texte, aus denen zu verschiedenen
Anlässen einzelne Sprüche herausgepickt werden. Ich versuche dann
herauszufinden, in welchem Kontext das Ganze steht, worum es eigentlich geht.
Das ist meistens spannend, manchmal schwierig und es kommt auch vor, dass ich
mit einem Text gar nichts anfangen kann. Das ist wie im Leben sonst - es ist
nicht möglich, immer alles zu verstehen. Wichtig ist, es ist da. Und ich kann
entscheiden, wie oft ich rein sehe. Verlorene Zeit finde ich darin jedenfalls
nie.Juliane Schild, Lektorin an der Friedenskirche - 2. Juni 2020
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