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Samstag, 18. April 2020

Morgen räume ich Ostern auf ... ein Blogbeitrag von Juliane Schild


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Morgen räume ich Ostern auf.    
Also die Häschen, Küken und Eier.
Soviel Dekorationsmaterial, was ich überraschenderweise im Keller gefunden habe.
Eigentlich brauche ich das nicht.
Denn eigentlich bin ich Ostern ja gar nicht hier.

Eigentlich, ich verspreche, dieses Krisenwort kommt jetzt nicht mehr vor, verbringe ich Ostern in der Oberlausitz. Dass ist die Gegend an der B96, wo, wie Silbermond singt, die Hoffnung am Gartenzaun hängt und kaum ein Mensch je vorbeikommt. Wo zu Ostern viele Autos mit Kennzeichen aus der ganzen Republik unterwegs sind, deren zweite Buchstabenkombination immer ZI lautet.
So erkennen wir uns. Wir Ausgewanderten, die über Ostern zu Besuch bei den Eltern, Großeltern, alten Freunden aus Kinder- und Jugendtagen sind. In der Oberlausitz, wo einem alten Brauch folgend, festlich geschmückte Reiter die Aussaat auf den Feldern segnen, wo in der Gegend um Bautzen nach sorbischer Tradition die schönsten Ostereier verziert werden.

Dieses Ostern war anders. Für alle.
Ich hatte den Eindruck, dass selbst Menschen, welche sonst nicht in den Gottesdienst gehen, die geschlossenen Kirchen als bedrückend empfinden. Mir fehlten die Gemeinschaft, aber auch das Erklären. Ich brauche Ostern Erklärung, Vergewisserung und Zusagen, gern durch fachkundiges Bodenpersonal Gottes, weil ich es selbst nun mal schwer fassen kann, was Ostern bedeutet. Bei jeder Osternacht zur frühen Morgenstunde stehe ich da und frage mich, noch viel stärker als schon beim „normalen“ Abendmahl „Wirklich? Für mich, auch für mich ist das alles geschehen?!“

Also musste ich mich in diesem Jahr, wie alle anderen, auch ein bisschen selbst um Ostern kümmern. Dabei ging es mir wie Weihnachten. Tatsächlich. Auch hier spüre ich: Das kann ich mir nicht selbst bescheren. Das kann ich nur annehmen. Und zweitens: Ostern kann jeden Tag passieren. Kann ein Aufwachen, ein Aufhören, ein Anderssehen sein. 

Ein Gedicht in meiner Küche hat seit vielen Jahren jede saisonale Dekorationsbewegung überstanden, ich möchte es sehr gern teilen. 
Weil es mir dabei hilft, Ostern nicht wegzuräumen.
Nur die Häschen, Küken und Eier.

AUFERSTEHUNG  - Tina Wilms

 

So viele Träume begraben
und Hoffnungen zu den Akten gelegt.

   So viele Wagnisse ausgelassen
   und Worte zu sagen versäumt.

So oft dir nicht vertraut
und dem Himmel die Tür gewiesen.

  Verschlossen in dunklen Kammern
   liegt das, was in mir gestorben ist.

Gott, ich brauche den Engel,   
der Steine beiseitewälzt.

   Der mich bei meinem Namen ruft
   und mein Leben ins Licht bringt.


(Dieser heutige Blog-Beitrag ist von Juliane Schild, Lektorin in der Friedenskirche bei uns in Disteln.)

18. April 2020

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