Startseite

Samstag, 16. Mai 2020

Selbs` inschuld

Wenn ich mich mit meinen Konfis im Unterricht mit Gott beschäftige, dann mache ich zu Beginn immer ein kleines Experiment: 4 Konfis werden die Augen verbunden. Jeder bekommt dann jeweils einen anderen Teil desselben Gerätes in die Hand gedrückt und muss beschreiben, was er oder sie fühlt. Anschließend sollen alle 4 eine Vermutung äußern, um welches Gerät es sich handelt.
So oft ich dieses kleine Experiment auch schon gemacht habe, noch nie haben die Konfis das richtige Gerät erkannt. Wozu das Ganze? Wenn es schon unmöglich ist, ein Alltagsgerät trotz vieler Beschreibungen zu erkennen, dann ist es erst Recht unmöglich, Gott in Gänze zu erkennen. Wir erfassen eben immer nur einen Teil von ihm.

Nun gibt es natürlich auch andere, die das völlig anders sehen und meinen, sie wüssten, wie Gott ist. Darum können solche Menschen auch klar definieren, dass z. B. das grassierende Corona-Virus die Antwort Gottes auf unseren Lebenswandel ist. Also nach dem Motto: „Selbs` inschuld. Das ist die Strafe, die Gott euch schickt.“ Solche Erklärungen gibt es zur Zeit ja sogar von Vertretern der Kirche. Da bin ich doch fast beeindruckt und kann mich nur staunend fragen, warum die das so genau wissen, während ich mich doch eher schwer damit tue, einen solchen Zusammenhang herzustellen.

Für solche und ähnliche Erklärungen muss in der Regel natürlich die Bibel herhalten. Da sucht man sich dann den passenden Vers heraus, reißt ihn aus dem Zusammenhang und schon passt er in das eigene Weltbild.

Nun ist es ja erst einmal richtig, dass in der Bibel auch ein Gott beschrieben wird, der Strafen über die Menschen schickt. Viel häufiger wird allerdings von der Gnade Gottes gesprochen. Wenn ich aber die gesamte Bibel im Blick habe, dann wird vor allem das deutlich, was ich auch meinen Konfis vermitteln möchte: Bei allem, was mit uns und unserer Welt geschieht, werden wir das Handeln Gottes nicht verstehen. Darum funktioniert es auch einfach nicht, Ereignisse mit dem Eingreifen Gottes zu erklären.

Gott selber macht übrigens im Buch Hiob sehr klar, dass er sich bei seinen Entscheidungen nicht in die Karten gucken lässt und dass wir Menschen seine Gedanken und sein Handeln nicht verstehen können.

Wir müssen uns einfach immer bewusst machen, dass wir Gott, wenn wir ihn begreifen und erklären wollen, das mit unseren menschlichen Bildern tun. Wie auch sonst. Aber schon die Bilder der Bibel sind so unglaublich vielfältig, dass sie sich z. T. geradezu widersprechen.

Ein schönes Bild, auf das es sich aufzubauen lohnt, ist das von Paulus, wenn er schreibt: „Wir wissen, dass denen, die Gott lieben, alle Dinge zum Besten dienen."
Ein schöner Gedanke und gleichzeitig auch eine Aufforderung zum entsprechenden Handeln. Wir sollen von Liebe sprechen und sie dann vor allem auch tun. An unseren Mitmenschen und an Gott. Damit sind wir dann übrigens auch ganz in der Spur von Jesus. Und der wusste nun wirklich, gewissermaßen aus erster Hand, wie Gott ist.

(Holger Höppner, 16.05.20)

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen